Vorsicht bei anderslautenden Auskünften!
Eine bayerische Apotheke hatte mit einer ausländischen Versandapotheke dergestalt kooperiert, dass Kunden bei ihr per Auftrag verschreibungspflichtige Arzneimittel dieser ausländischen Versandapotheke bestellen konnten. Diese wurden dann am Folgetag mit einer Rechnung der Versandapotheke bei Übernahme von pharmazeutischer Beratung und Rezeptkontrolle durch die deutsche Apotheke unter Missachtung der deutschen Arzneimittelpreisverordnung abgegeben.
Die zuständige Apothekenaufsicht hat es daraufhin der deutschen Apotheke untersagt, sowohl Arzneimittel auf fremde Rechnung einer anderen, ausländischen Apotheke abzugeben, als auch bei der Abgabe vom deutschen Preisrecht abzuweichen. Die für sofort vollziehbar erklärte Untersagungsverfügung wurde mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtes München vom 16.12.2009 im Hinblick auf das Preisrecht und das Verbot, apothekenpflichtige Arzneimittel auf fremde Rechnung abzugeben, sowohl in der Hauptsache als auch hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzuges bestätigt. Begründet wurde das Verbot der Abgabe auf fremde Rechnung v. a. mit § 7 ApoG. Danach ist der Apotheker ausschließlich zur Leitung seiner Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet und darf sich daher insbesondere nicht von gewerblichen Interessen Dritter leiten lassen und auch den eigenen gesetzlichen Versorgungsauftrag nicht hinten anstellen. Eine Verquickung des Apothekenbetriebes mit fremden Geschäften birgt zudem nicht hinnehmbare Gefahren für die Volksgesundheit. Dies betrifft z. B. auch Haftungsfragen etwa bei einer Falschabgabe oder bei Beratungsfehlern. Wir werden nach Verkündung des für Ende Januar 2012 erwarteten Urteils in zweiter Instanz erneut berichten.
Auch ein von Mitbewerbern vor Ort initiiertes Wettbewerbsverfahren hat zu einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes München vom 28.10.2010 geführt. Da die arzneimittelrechtliche Verantwortung für die Abgabe bei der abgebenden Präsenzapotheke liegt, hat das OLG München konsequenterweise auch die Anwendbarkeit der auf § 78 Arzneimittelgesetz fußenden Arzneimittelpreisverordnung bejaht. Dabei kommt es nach zutreffender Sicht des Gerichtes wegen der Abgabeverantwortung der Präsenzapotheke vor Ort gar nicht mehr auf die ebenfalls für 2012 zu erwartende Entscheidung des Großen Senat der Obersten Gerichte an, ob die Arzneimittelpreisverordnung auch für ausländische Versandapotheken gilt.
Ohnehin beabsichtigt der Gesetzgeber nach heutigem Stand, mit einer in 2012 erforderlichen Änderung des Arzneimittelgesetzes klarstellend im Gesetz festzuschreiben, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für ausländische Apotheken gelten soll.
Die Entscheidung des OLG München ist mittlerweile in dem Punkt rechtskräftig, dass es der deutschen Apotheke untersagt ist, vom deutschen Preisrecht abzuweichen. Soweit die Entscheidung entgegen der ersten Instanz die Abgabe von Arzneimitteln auf fremde Rechnung nicht untersagt hat, wird der BGH hierzu bereits am 12. Januar nächsten Jahres verhandeln. Dieser wird sich dann auch mit der vom OLG München nicht erörterten Vorschrift des § 7 ApoG zu befassen haben.
Da solche Modelle von bestimmten Anbietern aktuell als unbedenklich beworben werden, weisen wir darauf hin, dass Verstöße nicht nur – wie oben beschrieben – mittels Untersagungsverfügung der Aufsichtsbehörde oder durch einen Mitbewerber beanstandet werden können, sondern dass auch die Kammer alle rechtlich gebotenen Möglichkeiten ergreifen wird.
So wird derzeit auf Hinweis u. a. der BLAK von der Wettbewerbszentrale eine bayerische Apotheke, die sich an dem sog. Vorteil24-Konzept bereits beteiligt, auf Unterlassen verklagt.
Spätestens nach einer das VG München bestätigenden Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ist auch mit weiteren aufsichtsrechtlichen Untersagungsverfügungen zu rechnen. Das Bayerische Gesundheitsministerium teilt unsere Auffassung, dass eine Teilnahme an derartigen Konzepten gegen geltendes Apothekenrecht verstößt.