Mit Urteil vom 08.02.2012 (Az.: BG-Ap 8/11 – nicht rechtskräftig) hat das Berufsgericht für die Heilberufe beim Landgericht Nürnberg-Fürth einen Apotheker wegen seines an Kunden unterbreiteten Angebots der „Easy-Rezeptprämie“ und des damit begangenen Verstoßes gegen das Berufsrecht verurteilt. Das Gericht verhängte eine Geldbuße in Höhe von 5.000,-- €. Der Apotheker hatte mehrfach damit geworben, pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel einen Einkaufsgutschein in Höhe von 1,00 Euro, einlösbar bei einem Folgegeschäft, maximal 3 Euro pro Rezept, zu verschenken.
Verstoß gegen geltendes Preisrecht festgestellt
Der BGH hat bereits mit mehreren Entscheidungen vom 09.09.2010 rechtskräftig festgestellt, dass auch bei solchen Modellen ein Verstoß gegen zwingendes Preisrecht vorliegt, bei denen zunächst formal der korrekte Preis verlangt wird, in einem Folgegeschäft dann aber ein geldwerter, in Euro/Cent messbarer Vorteil gewährt wird.
Das Berufsgericht hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der BGH rezeptbezogene Boni bis zu einem Euro wettbewerbsrechtlich nicht untersagen konnte. Es hat gleichzeitig festgestellt, dass die vom BGH zur Begründung herangezogene Spürbarkeitsgrenze des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) im Berufsrecht nicht existiert und daher aufgrund des festgestellten Verstoßes gegen zwingendes Preisrecht auch gegen das Berufsrecht verstoßen wurde. Zudem hat das Gericht hervorgehoben, dass der Verstoß gegen geltendes Preisrecht auch vom BGH als unlauter im Sinne des Wettbewerbsrechtes angesehen wurde. Die ausschließlich im Wettbewerbsrecht geltende Spürbarkeitsgrenze diene primär dem Zweck, die Wettbewerbssenate in bestimmten Fällen zu entlasten. Diese Funktion könne aber keine Auswirkungen auf das Berufsrecht haben.
Berufsrechtliche Ahndung möglich
Das Berufsgericht setzte sich ausführlich auch mit der zum Teil widersprüchlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte Magdeburg vom 13. Juli 2011, Lüneburg vom 08. Juli 2011 und Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2011 auseinander und hatte auch Kenntnis von der anderslautenden berufsgerichtlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz.
Das Gericht hat den Verstoß gegen das Preisrecht aber im Ergebnis als so gravierend eingestuft, dass die berufsrechtliche Ahndung nicht ermessensfehlerhaft war und die verhängte Geldbuße in Höhe von 5.000,-- € wegen des hinter dem Arzneimittelpreisrecht stehenden Gesetzeszweckes auch als verfassungs- und europarechtskonform anzusehen ist.
BLAK begrüßt die Entscheidung
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Die Bayerische Landesapothekerkammer sieht sich darin bestärkt, dass ein höchstrichterlich festgestellter Verstoß gegen das Preisrecht von den hierfür zuständigen Stellen weiterhin beanstandet werden kann. Mit einer anderslautenden Entscheidung ginge zudem eine faktische, grundsätzlich dem Gesetzgeber vorbehaltende Aufhebung geltenden Rechts einher. Betrachtet man weiter, dass die Zuzahlung eines gesetzlich Versicherten pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel zwischen fünf und zehn Euro liegt, stellt der mittelbare Preisnachlass für den Patienten durchaus beachtliche 10 % bis 20 % Ersparnis dar. Bei von der Zuzahlung befreiten Patienten ist der Bonus als reiner Hinzuverdienst noch offensichtlicher geeignet, die Preisbindung spürbar zu unterlaufen und muss demnach beanstandet werden können.
Auch das von der Verteidigung vorgebrachte Argument des „fairen Wettbewerbs“ mit ausländischen Versendern kann nach unserer Auffassung nicht greifen. Zum einen steht noch die Entscheidung des Gemeinsamen Senats zur Anwendbarkeit des deutschen Preisrechts aus und der Gesetzgeber plant unabhängig davon demnächst noch eine entsprechende Klarstellung im Arzneimittelgesetz.
Zum anderen greift ein solcher Bonus auch in den lokalen Wettbewerb ein und schwächt diejenigen vor Ort, die sich an geltendes Recht halten. Dass dies mitunter auch die wohnortnahe Versorgung schwächen kann, werden all diejenigen bestätigen können, die einen entsprechenden Kundenrückgang im Umfeld solcher Akteure zu verzeichnen haben. Um im Sinne des Verbraucherschutzes aber eine flächendeckende Versorgung auch auf dem Land dauerhaft gewährleisten zu können, muss im Sinne des hinter der Arzneimittelpreisverordnung stehenden Gesetzeszweckes ein Verstoß gegen das zwingende Preisrecht zu beanstanden sein.